Konflikte mit der Stadt Heidelberg, ein Beispiel im Jahr 1988
Finanziell und geschäftlich kontraproduktiv waren bei den beginnenden Gesprächen des KULTURFENSTERS ab Mitte der 80er Jahre die sonstigen lokal- und kulturpolitischen Aktivitäten des KULTURFENSTERS: Gentrifizierung, Situation auf den Kinderspielplätzen, Vernetzung der Kulturgruppen, Forderung nach nichtkommerzieller Nutzung öffentlicher Räume usw. usf.
Auch das Engagement des KULTURFENSTERS beim Stadtkulturring spielte keine unwesentliche Rolle bei der Ablehnung durch den OB, Stadtverwaltung und den konservativen Kräften im Gemeinderat . Die Aktivitäten des Stadtkulturrings waren so konfliktträchtig, dass die eine und andere Aktivität nur durch gerichtliche Entscheidungen durchgesetzt werden konnte. Die gespannte Atmosphäre drückte sich u.a. in diesem Plakat des Stadtkulturrings anlässlich des „2. Heidelberger Kulturfrühlings 1986“ aus (siehe oben) . Mit „Sire“ war der Oberbürgermeister gemeint, das Motiv war dem damaligen 100 DM Schein nachempfunden, der Text lehnte sich an ein Zitat Schillers an:
Der Hauptvorwurf der Stadtverwaltung in Gestalt des Oberbürgermeisters war immer wieder, dass sich das KULTURFENSTER politisch einseitig als „Propagandatruppe der alternativen Szene“ (siehe unten) engagiere.
Politik ist schädlich fürs Geschäft:
Die Hand, die einen füttert, in die beißt man nicht !
Wenn man es nach Meinung auch „wohlwollender Kommunalpolitiker*Innen“ politisch zu toll trieb, also Gemeinderat, OB und Verwaltung kritisierte, wurden die „Rädelsführer*Innen“ schon mal in die Hinterzimmer der Kommunalpolitik zitiert um ihnen klar zu machen, dass man „nicht in die Hand beißt, die einem füttern soll…“
Ein Ratschlag, den die Akteure bis Mitte/Ende der 80 er Jahre eher in den Wind schlugen.
STOP and GO zwischen 1984 und 1989
In den Jahren 1984 – 1989 gab es trotz der ständigen Reibereien mit der Stadtverwaltung einige punktuelle Zuschüsse zu den Kinderspielaktionen des KULTURFENSTERS. Die praktischen Angebote für Kinder fanden immer großen Zulauf, da sie innovative neue pädagogische Ideen umsetzen. Das bemerkten sogar die pädagogischen Fachabteilungen in der Heidelberger Stadtverwaltung. Es kam ab 1985 zu ersten „offiziellen“ Kontakten mit der Stadtverwaltung, die zur Förderung von 4 Spielaktionen führten. Für die erste Heidelberger Kinderspielstadt „Mittelalter zum Mitmachen“ (1986) wurde ebenfalls eine Förderung versprochen.
Städtische Türöffner waren der damalige Stadtjugendpfleger und die museumspädagogische Abteilung des kurpfälzischen Museums. Es schien so, als ob die „Kuh vom Eis“ wäre, 1987 sollten weitere Spielaktionen durch die Stadt Heidelberg gefördert werden.
Es kam dann doch anders. Die Stadt verlangte vom KULTURFENSTER, dass der Träger dieser Spielaktionen, also das KULTURFENSTER, überhaupt nicht benannt werden sollte. Es musste so aussehen, als ob es eine reine städtische Veranstaltung sei. Eine Bedingung, die das KULTURFENSTER kategorisch ablehnte. So blieb es zunächst bei einigen wenigen, sporadischen Fördermittel.
„…Seitenwende, ab ca. 1988…“
Erst als sich neue studentische Mitwirkende im KULTURFENSTER durchzusetzen begannen, änderte sich die Tonart gegenüber der Stadt Heidelberg. Die Student*Innen hatten Interesse an der „eigentlichen“ pädagogischen Arbeit, die möglichst auch bezahlt werden sollte und weniger an der „kommunalpolitischen Auseinandersetzung“.
Die neuen Macher*Innen des KULTURFENSTERS wollten fortan vor allem als pädagogische Dienstleister wahrgenommen werden, die im kommunalen Auftrag Projekte für Kinder und Jugendliche arrangierten. Der wachsende Umfang der Arbeit erforderte Professionalisierung, also feste Personalstellen, die natürlich nur über öffentliche Förderung zu finanzieren waren.
Die ewigen politischen Konflikten mit Zundel & Co waren hinderlich, sie mussten ausgeräumt werden. Das KULTURFENSTER distanzierte sich ab 1988 mehr oder weniger von den politischen Traditionen des KULTURFENSTERS, was sich intern in einer Auseinandersetzung anlässlich des 5 jährigen Bestehens des KULTURFENSTERS ausdrückte. Siehe Dokumente unten.
Aber erst mit der neuen Oberbürgermeisterin Beate Weber -Anfang der 90 er Jahre- gelang der institutionelle Durchbruch und damit auch die entlohnte Professionalisierung.
Sommertheater 1988
Tonart und Stil der Stadtverwaltung und des KULTURFENSTERS bei den kommunalpolitischen Auseinandersetzungen in den 80 er Jahren sprechen für sich. Sie haben, aus heutiger Sicht, durchaus auch unterhaltenden, kabaretistischen Wert. In der unmittelbaren Situation der 80er Jahre war es aber eher zum Heulen. Zumindest bei den Empfängern solcher Schreiben, die weiter unten exemplarisch dokumentiert sind.
Zundel war sich nicht zu Schade, sich bis ins letzte Detail von Vorgängen einzumischen, die eigentlich durch seine gut bezahlte Amtsleiter und Dezernenten hätten erledigt werden können.
Sozialbürgermeister als Sprechpuppe
Gespräche mit dem fachlich zuständigen Sozialbürgermeister folgten meist dem gleichen Schema, wenn es sich um „politisch brisante“ Themen handelte.
Der Bittsteller, also der Verein XY durfte in einem ersten, kurzen Termin sein Anliegen vortragen. Vielleicht 14 Tag später gab es einen zweiten Termin, wo der Spitzenbeamte in Gestalt des Sozialbürgermeister eine schriftlich verfasste Antwort des Oberbürgermeisters verlas. Nachfragen oder ein Gespräch erübrigten sich dann.
Das Sommertheater 1988 drehte sich um zwei Konfliktpunkte:
1. Wie politisch darf eine kommunal finanzierte Jugendarbeit sein?
2. Ist das KULTURFENSTER Mitglied im alternativen Förder-und Unterstütungsverein „SELBSTHILFE NORDBADEN e.V.“ ? Und: darf die Stadtverwaltung aus der Förderung des KULTURFENSTERS durch diesen Verein darauf schließen, dass das KULTURFENSTER nun eine „Propagandatruppe der alternativen Szene sei?
Während der erst genannte Konfliktpunkt (…politisches Engagement…) durchaus ein ernsthafter Streit wert war, war der zweit genannten Konfliktpunkt unnötig, da das KULTURFENSTER durch eine wahrhafte und standfeste Positionierung sich nicht die Blöße einer falschen Aussage hätte geben müssen.
Diese Fragen erledigten sich dann mehr oder weniger von selbst, da diese Auseinandersetzung in der untergehenden Zundelära Ende der 80 er Jahre stattfand, die dann bekanntlich 1990 mit der Wahl von Beate Weber zur Oberbürgermeisterin ihr Ende nahm. Im nun heraufziehenden neuen „Land des Lächelns“ war dann aber auch nicht alles Gold, was gänzte….