Der Krieg in der Ukraine, das Sommerspektakel und die Haltung der SPD
Die folgenden Berichte (siehe nächste Seiten) über die Vorgeschichte und die Gründungsphase des Sommerspektakels und des Kulturfenster e.V. waren gedacht als ein Beitrag der Gründer*Innen des Vereins und der Initiator*Innen des Fests anlässlich des 40, bzw. 41 jährigen Jubiläums beider Ereignisse im Jahr 2024. Diese Geschichte sollte in geeigneter, geraffter Form in eine kleine Festveranstaltung am 28.7.2024 im Rahmen des Sommerspektakels einfließen.
Wegen einer aktuellen politischen Kontroverse mit dem SPD Ortsverein Weststadt, bei der es um die Sicherheits-und Militärpolitik der SPD ging, wurde daraus leider nichts.
Bereits 1983 spielte die Frage nach „Krieg und Frieden“ eine wesentliche Rolle beim Start zum ersten Sommerspektakel. Es war auch eine bewusste kulturelle und politische Manifestation der Initiator*innen gegen das „Weststadtfest“ des damaligen CDU-lastigen Stadtteilvereins. Dieser pflegte das alte militärische Ritual eines großen Zapfenstreichs als Ausklang des Weststadtfestes vor der Bonifatiuskirche mit allem „drum und dran“ zu inszenieren. Was den friedensbewegten jungen Weststädter*Innen überhaupt nicht gefiel. Also musste auch deswegen ein anders geartetes „alternatives“ Stadtteilfest ohne „militärischem Gedöns“ her. Was auch erfolgreich gelang.
Das Thema „Deutsche Militärpolitik“ führte im Laufe der 40 jährigen Geschichte des Sommespektakels schon mal zu einer politischen Kontroverse in der Veranstalterschaft. 2001 verabschiedete sich der linke Motorradclub „Kuhle Wampe“ aus Protest gegen die „Rot-Grüne“ militärpolitische Haltung und die deutsche Beteiligung am Afghanistankrieg aus dem Unterstützerkreis. Der Bierausschank musste neu organisiert werden.
2023/2024 stand die Frage nach deutschen Waffenlieferungen in den Ukrainekrieg auf der Tagesordnung. Einige der Initiator*Innen des Sommerspektakels im Jahr 1983, die sich damals gegen über den „Großen Zapfenstreich“ beim Weststadtfest empörten, wollten nun mit dem heutigen Veranstalter des Sommerspektakels, dem Ortsverein Weststadt der SPD, eine sachliches, informelles Gespräch zur Sicherheits- und Militärpolitik der SPD führen.
Sie formulierten deshalb in einem Mail an den SPD Ortsverein ihre „politischen“ Bauchschmerzen über die Haltung der SPD zu diesem Thema und äußerten Zweifel, ob sie sich im Rahmen der Jubiläumsveranstaltung hinter einer SPD einreihen wollten, die vor allem auf die militärische Lösung des Konflikts in der Ukraine setzt ( siehe Text des Mails unten).
Die Bitte um ein informelles Gespräch wurde aber vom Ortsvereinsvorsitzenden der SPD abgewiesen: “ Als Partei und auch als Untergliederung der Partei findet die Meinungsbildung natürlich innerhalb der Partei und nicht außerhalb davon statt. An der Stelle kann ich dir nicht entgegen kommen. Wir sehen daher keinen Weg, deine Bedenken auszuräumen. Das hat nichts mit einer inhaltlichen Positionierung zu tun. Es tut mir leid, dir keine andere Antwort geben zu können.“
Damit erledigte sich der aktive Beitrag einige der Gründer*Innen des SOMMERSPEKTAKELS an der Festveranstaltung, die dann in stark abgespeckter Form dennoch stattfand.
Die Vorgeschichte und Frühgeschichte des Sommerspektakels steht nun als schriftliche Dokumentation auf dieser Website zur Verfügung.
Mail von Wolfgang Gallfuß an den SPD-Ortsverein Weststadt vom 1.2.24
Liebe Freundinnen und Freunde des SPD-Ortsvereins Weststadt und des Orgateams,
wie ihr vielleicht wisst, bin ich zusammen mit einigen anderen Gründungsiniator*innen des Sommerspektakels und des Kulturfensters an der Gestaltung des Freitagabendjubiläumprogramms 2024 beteiligt. Ich gehörte damals, also 1982, zu jenen Menschen, die aus dem Kontext der der autonomen, weststädter „linkskatholischen“ Jugendarbeit das Kulturfenster gründeten und das Sommerspektakel starteten. Bis Ende der 80 er Jahre und dann wieder Anfang der 2000 er Jahre war ich aktiv dabei.
Ein Anlass für das Sommerspektakel 1983 war der Wunsch, ein Stadtteilfest zu etablieren, das sich erheblich vom Weststadtfest des Stadtteilvereins abhob. Als 1982 das 10 jährige Jubiläumsfest Fest des Stadtteilvereins mit einem militärischen Zapfenstreich vor der Bonifatiuskirche endete – und das in der Zeit heftigster politischer Debatten um den Nachrüstungsbeschluss- war es für uns klar, dass wir als pazifistisch gesinnte junge Christ*innen nicht mehr mitmachen wollten. (siehe dazu anhängenden Leserbrief aus dem Jahr 1982). Wir starteten also 1983 das „alternative“ Sommerspektakel auf dem Wilhelmsplatz.
Heute stehe ich als Mitorganisator der kleinen Jubiläumsveranstaltung am Freitagabend vor einer ähnlichen Entscheidung: Will ich mich wirklich in einem Veranstalterkontext engagieren, wo die SPD ganz wesentliche Funktionen wahrnimmt ?
Einer SPD, die heute in der Frage von Krieg + Frieden, Geopolitik usw. Positionen bezieht, die ich für äußerst problematisch und auch für gefährlich halte. Sei es das Sondervermögen fürs Militär, das überfallartig durchs Parlament gebracht wurde, sei es die Rede von Pistorius, wo er anmahnt, dass die Bundeswehr in 5 – 8 Jahren „kriegstüchtig“ werden müsse….also nicht „verteidigungstüchtig“, was man ja noch als Verfassungsauftrag sehen kann.
Scholz meint, ähnlich wie die AFD, dass man mehr „im großen Stil abschieben müsse“. Pistorius will aber lieber Menschen ohne deutschen Pass in die Bundeswehr integrieren, als „Lückenfüller“…, falls die deutschen Interessen im Ausland verteidigt werden müssen… ihr kennt ja sicherlich selbst diese und andere Aussagen.
Hoffentlich seht ihr sie genauso kritisch wie ich. Ich zähle mich also zu den „gefallenen Engeln“, die immer noch mit Friedenstauben“ unterwegs sind und die Scholz gerne irgendwohin remigrieren will…
Ich habe also Bauchschmerzen mit meiner Beteiligung am Festprogramm des Sommerspektakels, das ja leider unter alleiniger formaler SPD Verantwortung stattfindet. Ich weiss natürlich auch, dass dies aus der Not geboren wurde, weil das Kulturfenster Anfang der 2000er Jahre ausgestiegen ist. Ich weiss auch, dass es ohne die engagierten Menschen aus dem SPD OV das Sommerspektakel schon lange nicht mehr geben würde. Aber dennoch bleiben meine Bauchschmerzen. Es gab Ende der 90 er Jahre einen ähnlichen Konflikt mit der „Kuhlen Wampe“, die aus dem Sommerspektakel wegen der Rot-Grünen Kriegspolitik ausgestiegen ist.
Ich habe keine grundsätzlichen Berührungsängste und arbeite punktuell auch mit Teilgruppen der SPD zusammen. Das habe ich aktuell durch meine aktive Mitwirkung an der Vorbereitung der beiden „Krieg-Frieden“ Veranstaltungen der SPD ARGE 60+ gezeigt (Ukraine + Nahostkonflikt) Das nur zur Verdeutlichung, dass ich gerne mit Gruppen und Menschen aus der SPD zusammenarbeite, wenn es wahrnehmbare inhaltliche Gemeinsamkeiten gibt und diese öffentlich wahrnehmbar kommuniziert werden.
Seht ihr also einen Weg, meine Bedenken auszuräumen….ohne faule Kompromisse??? Hat der SPD-Ortsverein Gemeinsamkeiten mit meiner inhaltlichen Positionierung, die ich gerne, wenn gewünscht, ausführlicher darstelle?
Da die Vorbereitungen für das Jubiläumsfestprogramm (Freitagabend) laufen -einen Zwischenstand erhaltet ihr über ein weiteres Mail ……… und ich mein Engagement auch von Eurer Reaktion abhängig machen will, bitte ich Euch um eine zeitnahe Rückmeldung, wenn möglich bis Mitte Februar 2024. Da laufen die konkreten Vorgespräche zur Gestaltung des Festprogrammes an.
Beste Grüße
Wolfgang Gallfuß
Auszug aus der Antwort des SPD-Ortsvereins vom 3.2.24
Lieber Wolfgang,
……………
Als Partei und auch als Untergliederung der Partei findet die Meinungsbildung natürlich innerhalb der Partei und nicht außerhalb davon statt. An der Stelle kann ich dir nicht entgegen kommen. Wir sehen daher keinen Weg, deine Bedenken auszuräumen. Das hat nichts mit einer inhaltlichen Positionierung zu tun. Es tut mir leid, dir keine andere Antwort geben zu können.
Viele Grüße
………
Antwort von Wolfgang Gallfuß vom 3.2.24
Lieber …..,
danke für Eure schnelle und eindeutige Rückmeldung. Ich nehme Dein Mail als eine offizielle Erklärung des SPD-OV Weststadt zur Kenntnis, also nicht nur als Deine Privatmeinung.
Eure Antwort ist alleine schon deshalb merkwürdig, da es mir ja nicht um eine Einflußnahme in Euren internen Meinungsbildungsprozess geht.
Meine Anfrage erfolgte auch auf dem Hintergrund des Art. 21 des Grundgesetztes, der ja so beginnt: „…(1) Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit….“.
Wenn man das nicht im autoritären Sinne interpretieren will, setzt diese Willensbildung doch vor allem eine Kommunikationsbereitschaft von Parteien mit „dem Volk“ voraus? Ich bin sicherlich nicht das Volk, aber ich habe immerhin die deutsche Staatsbürgerschaft und bin somit Teil „des Volkes“. Ist es dann zuviel erwartet, wenn ich um Eure Diskussions- und Kommunikationsbereitschaft bitte? Oder verstehe ich da etwas falsch???
Nun, ich muss wohl oder übel Eure Haltung zur Kenntnis nehmen, auch wenn ich sie nicht nachvollziehen und noch weniger akzeptieren kann.
Ich werde mich nun mit den Mitstreiter*innen, die sich ums Festprogramm kümmern wollten, nochmals beraten, wie wir uns gegenüber einer SPD verhalten wollen, die uns gerne als ehrenamtliche Helfer*innen auf dem Wilhelmsplatz sieht, uns aber nicht als ernstzunehmende Bürger*innen behandelt.
………..
Viele Grüße
Wolfgang
Die Entscheidung der Sommerspektakel-Gründungsakteure, also jenen, die damals für das KULTURFENSTER das Fest mit aus der Wiege gehoben hatten, fiel dann gegen eine aktive Beteiligung am Jubiläumssommerspektakel 2024 aus.